Donnerstag, 18. Oktober 2007

Mordstour nach Manali

2. August 2007

Manchmal organisiert man sich unwissender Weise eine Anstrengung, wie sie unglaublicher nicht sein kann. Ich bin mir sicher, dass es Steigerungstufen unserer 20 STUNDEN-Fahrt (fast ohne Pause) gibt - aber geplant war das so nicht. Aber allein unterwegs in Indien....da kann das schon mal passieren.

Das erwartete uns:



und das:




Den letzten Tag in Leh verbrachten wir entspannt mit Gassenschlendern, Gemüse erkaupeln und rumgucken.







Dann wollten wir das Hotel bezahlen uns zur Ruhe betten und am frühen Morgen aufbrechen - mit dem Jeep nach Manali. Abends in Keylong übernachten und am nächsten Tag gemütlich weiterziehen, über den letzten Pass.
Das war der Plan. Aber in Indien verwandelt sich so ein Plan manchmal blitzschnell in NICHTS und alles ist anders. In dem Falle wars äusserst bedauerlich, denn wir konnten dadurch die imposante Schönheit der Strecke wegen Übermüdung nicht geniessen und waren so fertig wie noch nie.

Ausschlaggebend für die Änderung war der angesagte Streik der Taxi-Gewerkschaft. Ich seh uns noch im Wohnraum beim Bezahlen sitzen, und beobachte, wie unser Hotel-Manager ans Telefon geht und gleich darauf zu uns kommt und sagt "Little Problem" - wenn der Inder das zugibt, ist es schon ein beachtliches Problem. Am nächsten Tag wollte die Taxigesellschaft in Leh also streiken, weil sie sich mit den Taxifahrern aus Manali einen Hickhack liefert - jedenfalls mögen die sich wohl nicht - und wir sollten entscheiden: entweder wir verlassen Leh noch vor 2 Uhr in der früh und kriegen unseren Reiseplan hin oder aber bleiben festgenagelt in Leh bis es vorbei ist - Nachteil: könnte 1 Woche dauern UND das Dorje-Guesthose war ausgebucht, also neues Hotel finden. Typisch deutsch (Plan einhalten) haben wir für die schnelle Abreise entschieden...im Nachhinein war das doof - denn 1 Woche länger in Leh wäre göttlich gewesen. Aber das weiss man immer erst hinterher.

Der Abreisezeitpunkt veränderte sich dann minütlich, am Ende war gar nichts mehr mit schlafen , nur noch rasch Sachen zusammenraffen und in den Rucksack stopfen und dann knapp nach Mitternacht in den Jeep. Eine interessante Randerscheinung war: wir fuhren mit 2 Jeeps los - einer aus Leh und einer aus Manali - bis zum letzten Ladakh-Checkpoint in Upshi mussten wir mit der Leh-Taxigesellschaft fahren, dann klammheimlich umpacken und umsteigen in das Manali-Taxi. Wir stoppten an einer gottverlassenen Tankstelle, wo unser Taxifahrer (der ständig am Handy war) erstmal jemanden finden musste, um den Tank zu füllen. Sowas machen die NIE vorher, immer erst unterwegs. Gern auch mal einen Abgastest, wenn man eigentlich zum Zug will. (Dazu später.) An den Checkpoints war kein Mensch, ausser am letzten , wo eine spannende Diskussion entbrannte, ob wir nun durchdürfen oder nicht. Am Ende durften wir. Plötzlich, wie immer...auf einmal gehts.

Da so etliche Taxigruppen unterwegs waren, schien die Aktion zu stimmen - ...und so fuhren wir, totmüde, weit nach Mitternacht zum 2.höchsten Pass der Welt, dem Tanglang La, mit 5360 m eine beachtliche Höhe.
Wir näherten uns der steilen Serpentinenstrecke bei schönstem Vollmond, liessen die letzten weissgekalkten Chorten hinter uns, die im Mondlicht erstrahlten und fuhren über Stock-u. Stein. Es begann ein Geschüttel, welches von nun an für 20 Stunden erhalten blieb. Ich tröstete mich mit Pergolesis "Stabat Mater" auf mp3. Passte traumhaft. Von der atemberaubenden Auffahrt hab ich noch den Blick ins Tal, bei Mondschein, im Gedächtnis. Man konnte es nur majestätisch nennen. Fürs Foto hat das Licht nicht gereicht...



Die Luft war merklich dünn und es war schweinekaltin dieser Nacht (Mani hat so gefroren wie noch nie zuvor in seinem Südländer-Dasein). Wir lobten uns für unsere warmen (aber lästig fusselnden) Wolldecken, die wir in Leh vorausschauend erworben hatten. Allerdings sah ich aus wie ein Schwein - mit grünen Flusen überall bedeckt. Die Räude hatte uns also schon jetzt ereilt, dabei waren wir noch keine 3 Stunden unterwegs.

Ansonsten herrschte angespannte Stille im Wagen, da wir erst Vertrauen zu unserem Fahrer aufbauen mussten, der uns über all die Pässe fahren sollte - mitten in der Nacht. Mani schlief gleichmal auf dem Beifahrersitz ein, anstatt den Fahrer wachzuhalten.



Bei Tageslicht konnte man leider auch nur vereinzelt mal ein Foto machen, da die Piste so hucklig war, dass kein Bild scharf werden konnte - und unser Fahrer gnadenlos durchschrotete - fast ohne Pause.



Nicht mal auf den Pässen oben hat er angehalten, um uns den Triumph eines Fotos zu gönnen oder einfach mal nur die Beine auszustrecken. So konnte ich vom Lachalang_la (5060 m) nur im Vorbeirauschen ein Foto schiessen.



Dort stand eine Truppe Radfahrer, die dann hinter uns hergerast kamen. Überhaupt haben wir so viele Radfahrer dort oben gesehen - und uns gefragt,wie man sich das nur antun kann. Die Strecke ist so endlos weit und in der Tagessonne unerbittlich. Allein das Autofahren hat schon ausgereicht, aber in der Hitze+Höhe da draussen mit dem Fahrrad - niemals.

Wir schrammten über so viele Abgründe, manchmal so knapp, dass mein Herz immer wieder stehenblieb. Es fehlen meinem Leben nun so etliche Herzschläge - besonders wenn Gegenverkehr auftauchte (den man ja schon immer weit vor sich sieht) , groooosse fette Laster oder Busse gar, die sich am besten noch gegenseitig überholen wollten und man trifft sich in einer Kurve und hat die Aussenspur....irgendwann aber wirds einem egal. Ok, sagt man sich, wenns sein soll, dann halt hier - ist ja schliesslich eine tolle Landschaft - das wars wert.







Der erste Stop in der Zeltstadt -ich glaube es war Pang- war lebensrettend - so ein Tee wirkt Wunder.
Wir stiegen aus und waren sofort so durchgefroren, dass wir die Flusen-decken nicht im Auto lassen konnten.
Die öffentliche Toilette war...weitlläufig...entlang am Fluss. Übersät mit Tretminen , aber wenn man so fertig ist, ist das egal. Man sucht sich ein Plätzchen, welches nicht ganz so einsehbar ist (aber man hat nie volle Deckung!) und ist superschnell.

Die ranzigen Zelte, die in der kurzen Saison dort am Wegesrandstehen (und die aus ausgedienten Fallschirmen bestehen) sehen so aus (alles sehr erdverbunden, wie man sieht) :




Nach einmal im Sandsteckenbleiben und einmal Reifenplatzen kamen wir in Sarchu (? oder wo auch immer, ich war so müde und entkräftet, dass es mir egal war - es war zu weit von meinem rettenden Bett enfernt, das war sicher) an.
Inzwischen bruzelte die Sonne in knallharten Laserstrahlen herab - und dort ist kein Schatten...und die Kinder schauen den Durchreisenden hinterher.





Und nach vielen weiteren Stunden kamen wir endlich durch Keylong...es war 18 Uhr und der Ort sah allerliebst aus - in einem grünen Tal, still und verlockend...wir wollten Pause, Stop, Schlafen....der Fahrer wollte heim. Und er sass am längeren Hebel - sprich Gaspedal - und brauste einfach durch: "No-i go to Manali" war die Absage an uns...und bedeutete nochmal 5 Stunden Fahrt. Wir waren zu kraftlos für einen Kampf. So blieb Keylong auf der Strecke -im wahrsten Sinne.

Der Rohtangpass war sicherlich der Schönste von allen...wir kamen bei sinkender Abendsonne dort an - lange Schatten, warmes Licht, grüne Hügel, die irgendwie an Irland erinnerten, Pferde, die auf den Hügeln weideten, ein YAK am Strassenrand - traumhaft schön...idyllisch. (Wir registrierten das trotz unserer Erschöpfung - also muss es wirklich sehr schön im Kullu-Tal sein!)





Die Berg-Spitze steckte in einer Wolke....die sich bei Erreichen in einen Mordsnebel verwandelte und somit die Abfahrt auf der anderen Seite nochmal sehr spannend machte. Es konnte keiner mehr schlafen - ausser Erik.
Der Rohtang ist mit seinen knapp 4000m die Wetterscheide...und bescherte uns einen Willkommensgruss im Monsun, auf den wir gern verzichtet hätten.



Man konnte nichts mehr sehen, die Strasse war aufgeweicht und schlammig. Die Nerven lagen blank. Nach den bisherigen 18 Stunden Fahrt am Stück gab uns das dann den Rest.



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